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Globalisierung?
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IWF 1977

Globalisierung?

 

Was verheißt uns die Globalisierung? Teil 3

Was erwartet die Agenten der Globalisierung -
was verheißt die Globalisierung dem internationalen Kapital?

Von David Hartstein (30. November 1997)

 

Tatbestände der Globalisierung

 In diesem dritten Teil der Bemerkungen und Beobachtungen zum Zeitgeistwort »Globalisierung« sollen einesteils einige der Feststellungen der beiden vorangegangenen Versuche noch einmal in Erinnerung gerufen werden; zum andern dürften aber angesichts der gegenwärtigen Umstände und Entwicklungen Hinweise und Andeutungen nicht nur darauf angebracht sein, was uns die Globalisierung verheißt (– und damit beschäftigten sich zum Teil auch schon die bisherigen beiden Berichte –), sondern was die Globalisierung ihren Protagonisten und Ideologen verheißt, d.h. den Besitzern des fiktiven Kapitals, aus dem sich die internationalen Finanzmärkte zusammensetzen. Wir hatten erwähnt, daß die Globalisierung, das heißt die Verkleinerung des Planeten Erde in Raum und Zeit, sich in der physischen Wirklichkeit entfaltet und sich dies zeigt

 
- in der Technologie und Ästhetik der Massenkommunikation: sie ermöglicht es Milliarden Menschen, über erdumspannende Satelliten der herzergreifenden und nahezu republikanischen Trauerfeier für Prinzessin Diana beizuwohnen und dabei nicht nur gleichzeitig und gleichermaßen von der Zeremonie ergriffen zu sein, sondern auch durch die Regieführung der Kameras in der gleichen Weise so sehr beeindruckt zu sein, daß sich die Gefühle der Trauergemeinde in der Westminster Cathedral, der Trauermassen im Hyde Park und der Fernsehzuschauer rund um den Globus, ob des Englischen mächtig oder nicht, bis zum Gefühl der Gemeinsamkeit aneinander annähern;

 
- in der Integration von »übernationalen« Unternehmen on line, deren Vernetzung in der Informationsverarbeitung und Datenübertragung das Konstruieren an ein und demselben neuesten Ford-Modell durch Ingenieure in allen nationalen Niederlassungen rund um die Uhr (gleichsam im erdumspannenden Schichtdienst) erlaubt;

 
in der individuellen Telekommunikation, die es mir als Touristen erlaubt, von jedem entlegenen Strand der Welturlaubsparadiese auch gleich denen zu Hause zu erzählen, wie wunderschön es doch hier ist;

 
- selbstredend auch im internationalen Flugverkehr; das System der Flugverbindungen verknüpft nahezu jeden wichtigen Ort auf dieser Erde mit einer internationalen  Metropole und ihren jeweiligen Trabanten.

 All diese physischen Errungenschaften globaler Aufhebung von Ferne in Raum und Zeit verdichten sich in dem einen weltweiten Finanzsystem, dessen Globalisierung gerade darin besteht, in Bruchteilen von Sekunden auf das jeweilige Erscheinungsbild der verfügbaren politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Informationen (von Reuters oder CNN z. B. weltweit über Satellit oder Datendienste verbreitet) mit spekulativen Kauf - und Verkaufsentscheidungen zu reagieren.

 Wir hatten zu bedenken gegeben, daß die Kehrseite der globalen Konzentration von Finanzkapital in einem Verbund, der sich rund um den Globus mit den Geschäftszeiten der Devisen-, Wertpapier -, Rohstoff- und Warenhandelsbörsen 24 Stunden lang von einer Kapitalmetropole zur andern dreht, die globale Schrumpfung der Märkte für Arbeitskräfte und lebenswichtige Güter ist. Denn das flüssige Kapital, das sich in der Produktion lebenswichtiger Güter und Dienste nicht mehr profitabel verwerten läßt, wird aus der Reproduktionssphäre der realen Wirtschaft herausgesogen und als neues Geldkapital im globalen Kasino eingesetzt, wo Gewinne versprochen werden, die sich im herkömmlichen kapitalistischen Zyklus von Investition, Amortisation und Gewinn nicht mehr erzielen lassen.

 Aber eben nur versprochen werden, denn in diesem Nullsummenspiel muß es Verluste und Verlierer geben; und die Vernichtung kann nur dann abgewendet werden, wenn in der realen Wirtschaft noch Vermögen vorhanden sind, derer man zur Plünderung habhaft werden und sie in neues Geld und neuen Kredit für die globale Kasinowirtschaft verwandeln kann.

 Wir erinnern an die schon 1994 getroffene Feststellung des IFO-Instituts für Wirtschaftsforschung in München:

 »Die Spekulation dominiert heute eindeutig die Umsätze an den Devisenmärkten: Nur knapp 2% der Devisenmarktumsätze sind durch Gütertransaktionen und maximal 10% durch langfristige Kapitalverkehrstransaktionen zu erklären. Die restlichen Umsätze werden aus spekulativen Gründen getätigt.«

 Gewichtige Fürsprecher wie Bundespräsident Herzog in einer seiner historischen Reden, in denen er sich und der Nation immer einen Ruck mitteilt, sprechen bei der Globalisierung von einer irreversiblen Realität, die zu aller Bedauern auch mit der »Marginalisierung« ganzer Regionen der Erde einher gehen kann - und damit hört dann auch schon das Denken auf.

 Es könnte aber jemand fragen, ob nicht die Aufhebung der Ferne, was zweifellos als Wirkung die Globalisierung entscheidend kennzeichnet, als globale Konzentration besonders in der Form des globalen Finanzsystems nicht eher gleichzeitig die universelle Aneignung und Nutzung der globalen Kommunikations-, Verkehrs- und Zahlungsmittel verhindert und damit auch die Aufhebung der Entfernung zwischen den Kulturen, Nationen und Klassen vereitelt, genauer: nichts zur Aufhebung der Trennungen, sondern nur zu deren Verschärfung beiträgt.

Widerstand im Internationalen Währungsfond
Ein Dissident aus Malaysia

 Ausgerechnet beim Jahrestreffen des Internationalen Währungsfonds in Hongkong im September hat sich ein Staatschef aus Asien nachdenklicher und konsequenter gezeigt als es je ein Redner der politischen Klasse in Deutschland vermocht hätte; der Ministerpräsident von Malaysia, Dr. Mahathir bin Mohamad hat mit Ausführungen wie den folgenden innerhalb der Leitungsgremien des internationalen Finanzsystems die Rolle des Dissidenten auf sich genommen und unter den Schirmherren des globalen Kapitals nicht nur für Unmut gesorgt, sondern auch einen Hauch von Wahrheit verbreitet, durch den auch über das, was Marginalisierung heißen kann, einige Klarheit zu gewinnen ist:

“Devisenspekulation für illegal erklären”

 »Wir haben ausländische Investitionen stets willkommen geheißen, einschließlich der Spekulation. Die Leute können kommen und Aktien kaufen und sie wieder abstoßen, wann sie wünschen, und egal aus welchen Gründen. Aber wenn die großen Fonds ihr riesiges Gewicht einsetzen und den Wert der Aktien durch ihre Manipulationen nach Gutdünken hinauf- und hinabtreiben, dann ist es von uns zuviel verlangt, sie willkommen zu heißen, insbesondere wenn ihre Profite-nach der klassischen Nullsummentheorie  - in massiven Verlusten für uns enden.

 Der internationale Handel macht den Devisenhandel notwendig. Sonst müßten wir Tauschgeschäfte betreiben. Es ist in Ordnung, Devisen zu kaufen und verkaufen, um Handelsgeschäfte zu finanzieren. Aber daraus ist ein reiner Handel mit Devisen als Ware entstanden.

 Wir hören, daß der Handel mit Devisen 20mal größer ist als der echte Handel mit Gütern und Dienstleistungen. Mit Ausnahme der Gewinne und Verluste der beteiligten Händler hat die Welt keinen greifbaren, echten Nutzen von diesem riesigen Handel. Für den Durchschnittsbürger werden damit keine nennenswerten Arbeitsplätze geschaffen, auch keine Produkte oder Dienstleistungen. Der ganze Handel geschieht im Geheimen, etwas im Schatten, da offenbar gewaltige Summen von einer Bank zur anderen bewegt werden...

 Die Händler machen offenbar Milliarden mit jeder Transaktion. Aber wenn die ihnen zur Verfügung stehenden Fonds riesig und sie in der Lage sind, mit ihren Investitionen und Kapitalabzügen den Wert der Währungen zu beeinflussen, dann wird der Devisenmarkt für sie die Geld-Kuh, die sie melken können. Sie werden immer Profite machen, egal in welche Richtung der Index sich bewegt.

 Leider entstehen ihre Profite daraus, daß andere ärmer werden, darunter sehr arme Länder und sehr arme Menschen... Im Falle Malysias hat der Ringgit 20% seines Werts verloren. Das bedeutet, daß wir, jeder von uns einschließlich der Regierung, 20% der Kaufkraft seines Geldes verloren hat... Man sagt uns, wir seien weltfremd, wenn wir die Arbeitsweise des Weltfinanzmarkts nicht gutheißen. Große Länder sagen uns, wir müßten uns damit abfinden, daß man uns arm macht, weil die internationale Finanzwelt nun einmal so sei...

 Man warnt uns auch: Dies seien mächtige Leute. Wenn wir Lärm machen oder irgendetwas tun, was sie behindert, wären sie ungehalten. Und wenn sie ungehalten seien, könnten sie uns völlig zerstören, uns in das schlimmste Armenhaus verwandeln. Wir müßten akzeptieren, daß sie da sind, daß sie immer da sein werden und daß wir eigentlich nichts dagegen tun können. Sie werden bestimmen, ob wir prosperieren oder nicht...

 Ich erwähne all dies, weil die Gesellschaft sich vor skrupellosen Profiteuren schützen muß. Ich weiß, daß ich ein großes Risiko eingehe, wenn ich das vorschlage, aber ich sage, Devisenhandel ist unnötig, unproduktiv und unmoralisch. Er sollte beendet werden. Er sollte für illegal erklärt werden. Wir brauchen keinen Devisenhandel. Wir müssen nur dann Geld kaufen, wenn wir echten Handel finanzieren wollen. Ansonsten sollten wir Devisen nicht wie Güter kaufen und verkaufen.

 Wir können nicht zurückgehen zu Bretton Woods und den festen Wechselkursen, obwohl wir ehrlich genug sein sollten zuzugeben, daß die festen Wechselkurse den wirtschaftlichen Aufschwung der Welt in der Nachkriegszeit nicht aufgehalten haben. Sie waren nur falsch, weil sie nicht wirklich den wirtschaftlichen Zustand der jeweiligen Nationen reflektierten. Souveräne Nationen durften nach Gutdünken abwerten. Aber dadurch wurden die anderen Nationen in ihren Souveränitätsrechten beeinträchtigt. Und es gab Devisenhändler, die aus den Veränderungen innerhalb der Währungsschlange Kapital schlugen. Aber das waren relativ kleine Mitspieler. Sie waren nicht diejenigen, die den Markt hin- und herbewegten. Sie waren nur Spekulanten...«

 Dr. Mahathir bezieht sich auf die im Juli dieses Jahres einsetzenden Währungskrisen der sogenannten »Tigerstaaten«, den sogenannten aufstrebenden Märkten, in denen die internationale Finanzvermögen bis zur Rückgabe Hongkongs an China mit Vorliebe investiert hatten. Dagegen, daß diese riesigen Investitionen letztlich nur spekulativen Zwecken dienten, und gegen die »Nullsummentheorie« polemisiert Mahathir aus seiner Sicht der langfristigen Ziele der jüngeren und erst seit einigen Jahrzehnten selbständigen asiatischen Staaten und Volkswirtschaften:

Gegen die »Nullsummentheorie«

 Wenn man ihnen auch nur eine kleine Chance gibt, können die südostasiatischen Länder der Wachstumsmotor für Systeme und Strategien vieler Länder in Asiens und auch anderen Teilen des Entwicklungssektors werden.

  Was würde mit dem Rest der Welt geschehen, wenn diese Entwicklungsländer sich entwickelten? Wenn es eine Nullsummen-Welt, des »Mach deinen Nachbarn zum Bettler« ist, dann dürfen wir annehmen, daß die heute entwickelte Welt ärmer und schwächer würde, und reif für die Kolonisierung durch die »aufstrebenden Entwicklungsländer«. Wäre dies das Endresultat, dann müßten die entwickelten Länder andere daran hindern, sich zu entwickeln. Und natürlich müßte der Indische Subkontinent, die wahrscheinlich nächste Wachstumsregion, geschwächt werden. Und unter keinen Umständen dürfte man zulassen, daß die 1,2 Milliarden Menschen in Südasien zusammen mit den zwei Milliarden immer wohlhabenderen Menschen Ostasiens sich entwickeln...

 Aber die Nullsummentheorie ist eine Erfindung der Pessimisten, der Fremdenfeinde, der Vertreter der Theorie des »Kampfs der Kulturen«. Ob es dazu kommt, hängt sehr stark von unseren Einstellungen und Handlungen heute ab. Der Versuch, Japan die Rohstoffe für seine Industrie zu nehmen, endete damit, daß Japan den Pazifik-Krieg begann.

 Aber angenommen, wir alle übernähmen die Politik »Mach deinen Nachbarn reich«, angenommen, wir sähen im Wohlstand anderer Chancen für uns selbst, reicher zu werden, dann brauchen wir keine solche Angst vor steigendem Wohlstand und technischem Fortschritt in den Entwicklungsländern zu haben...

 Obwohl wir verbittert sind über den Versuch, uns durch erzwungene Währungsabwertung und die Vergewaltigung unseres Aktienmarkts ein Jahrzehnt zurückzuwerfen, sind wir in Südostasien und Asien immer noch an Investitionen aus Europa und Amerika interessiert. Es wurde viel davon geredet, wir schreckten ausländisches (d.h. westliches) Kapital ab. Aber Sie sollten auch bedenken, daß zumindest wir in Südostasien jetzt erhebliche Angst vor ausländischem Kapital haben. Wir dachten, es verhülfe uns zu Wohlstand. Wir luden zu Reisen in unser Land ein, um Investoren für unsere Aktien- und Finanzmärkte zu gewinnen. Wir werden das weiter tun. Aber wir werden etwas behutsamer sein müssen. Wir glauben immer noch, daß es dort draußen ehrliche Investoren gibt. Aber es gibt auch einige unehrliche, die eine Lawine auslösen können, und dann sind auch die anderen gezwungen, sich in Sicherheit zu bringen...«

Der Internationale Währungsfond in Asien
Währungs- und Finanzkrisen in Asien

 Der Ministerpräsident von Malaysia hat bei den Herren des Internationalen Währungsfonds mit diesen Ausführungen keine Freunde gewonnen. Er hat aber noch Glück. Trotz der von ihm geschilderten Verluste für die Wirtschaft Malaysias bleibt es seinem Land erspart, in einer Währungs-, Wirtschafts- oder Finanz- bzw Liquiditätskrise Zuflucht zu den Hilfsmaßnahmen des IWF nehmen zu müssen.

 Bei immer mehr Ländern in Asien wird dies aber erforderlich. Denn in Asien, von Japan über die Philippinen bis Thailand droht dem gesamten Kredit- und Kapitalgefüge der Zusammenbruch:

 Thailands Schwierigkeiten nach der Währungskrise und dem drohenden Bankenzusammenbruch schienen mit einer Übergangshilfe von 17 Mrd $ behoben; damit ist jedoch nur die Liquidität des staatlichen und privaten Sektors einstweilen gesichert; für Indonesien mußten schon fast doppelt so viele Mittel vom Währungsfond und einigen anderen Ländern und Institutionen aufgebracht werden; doch nun hat sich Südkorea angesichts einer schweren Währungskrise an den Währungsfond um  Unterstützung gewandt. Die Zahlungskrise trifft insbesondere eine Exportwirtschaft, die ohnehin überschuldet ist, obendrein zu einem großen Teil im Ausland. Um die Zahlungsfähigkeit und Wirtschaftstätigkeit dieses Landes nur für die nächsten sechs bis zwölf Monate zu erhalten, schätzen Realisten den Kapitalbedarf, der vom Währungsfond zusammen mit anderen hilfswilligen Kapitalgebern aufzubringen wäre, auf an die 100 Mrd $.

 Bei der Suche nach anderen hilfswilligen Kapitalgebern schaute man bisher meistens, und selten vergebens, nach Japan. Japan hat und hatte immer ein Interesse an der Zahlungsfähigkeit und am Wachstum der anderen Wirtschaften in Ost- und Südostasien, weil es der Hauptkreditgeber für diese Volkswirtschaften war und ist.

Finanzkrise in Japan

 Doch ist Japan noch so reich und flüssig, um neben dem Währungsfond als Darlehensgeber in letzter Not aufzutreten? Nach den Bankzusammenbrüchen der letzten Wochen und Tage in Japan, in denen sich uns nur die Spitze des Eisbergs eines völlig bankrotten Bankensystems gezeigt hat, braucht man diese Frage gar nicht mehr zu stellen. Einfach gesagt: Japan schafft es selbst nur noch mit Mühe von Woche zu Woche, sein nationales Finanzsystem vor dem Kollaps zu bewahren.

 Und das geht vorläufig so: In einer gemeinsamen Erklärung des japanischen Finanzministers und des Zentralbankchefs vom 26. November, also vom letzten Mittwoch, heißt es unter anderm:

 »...deshalb sind wir entschlossen, entschlußkräftig Liquidität in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen, um jeglichen Zahlungsverzug bei Einlagen und anderen Verpflichtungen der Finanzinstitute zu verhindern. Wir ersuchen die Bürger nachdrücklich, sich nicht von unbegründeten Gerüchten irreführen zu lassen und vernünftig zu handeln.«

 Das heißt im Klartext Drucken von Geld zur Flüssighaltung notleidender Banken in einem Land, dessen Notenbank seit Mitte 1995 seinen Diskontsatz auf 0,5% gesenkt hält und damit seither den Banken Geld fast zum Nulltarif geliehen hat.

 Und genau seit Mitte 1995 garantieren auch Regierung und Notenbank der Vereinigten Staaten Japan einen Kreditrahmen in Höhe von 500 Milliarden US$. Das müssen die Vereinigten Staaten tun, damit die japanischen Banken, Wertpapierhäuser und Fonds nicht in die Zwickmühle geraten, ihre Auslandsvermögen (darunter US-Schatzanleihen in Höhe von 370 Mrd Dollar) aufzulösen, um dringend benötigte Liquidität zu erhalten. Bislang hat Japan diese Kreditlinie seitens der USA nicht ausgenutzt, aber was wäre, wenn das in den nächsten Wochen erforderlich würde?

 Seit dem 27. November jedenfalls liegen die Risikoprämien für Kredite unter Banken an japanische Banken um fast 1 Prozent über LIBOR, d. h. der in London für Kredite unter Banken festgestellten Geldmarktzinsrate. Sollte dies anhalten, spricht nichts dafür, daß sich die japanischen Banken noch mit irgendwelchen Mitteln aus ihrem Sumpf ziehen ließen. Womit dagegen die Vereinigten Staaten ihre Kreditzusagen erfüllen sollen, falls Japans Regierung und Zentralbank tatsächlich das Versprechen einfordern würden, bleibt ein Rätsel. Denn dies würde dem Finanzgebäude in den USA soviel liquides fiktives Kapital entziehen, daß ein Crash der Börse wie am 28. Oktober lediglich wie ein Kinderstreich an Halloween anmuten würde verglichen mit dem, was sich dann an der Wall Street ereignen würde.

Unlösbare Aufgaben für den Währungsfond

 Während es sich bei der Kreditzusage seitens der USA gegenüber Japan um eine bilaterale Vereinbarung zu beider Nutzen in der Not handeln würde, steht es mit den Aussichten für weitere Hilfen des IWF für notleidende Länder weit ungünstiger.

 Schon nach den Hilfsmaßnahmen des Währungsfonds für Thailand und Indonesien kamen besonders aus Europa (und da nicht zum geringsten Teil von der Deutschen Bundesbank) Beschwerden auf, die den Nutzen und die richtige Anwendung der vom Währungsfond gewährten Hilfe in Zweifel zogen. Wieviel Streit der Anteilseigner am IWF wird erst aufkommen, wenn sich herausstellt, daß die Mittel des Währungsfonds für eine Unterstützung Südkoreas mit so hohen Beträgen nicht ausreichen und die wichtigsten Mitgliedsländer in Europa einer Aufstockung und Auszahlung der Währungskredite zustimmen müssen. Einer Aufstockung, für die sie das Kapital aus Haushaltsmitteln oder aus Reserven der Bundesbank entnehmen müssen.

 Zwar wird sich der deutsche Finanzminister bei einer solchen Aufstockung nicht querstellen wollen, aber man kann sich kaum vorstellen, daß sich seine stets größer werdenden eigenen Finanzschwierigkeiten durch solche Beiträge zur Nothilfe verringern werden.

 In jedem Fall naht der Tag, an dem auch der Internationale Währungsfond keine Mittel mehr aufbringen kann, um das globale Finanzsystem zahlungsfähig zu erhalten. Und dann wird man von einem globalen Bankrott reden müssen und schließlich auch wissen, welche Wirklichkeit sich hinter dem Rücken der Ideologen der Globalisierung Geltung verschafft hat.

 
Zu Parmenides sagte die Göttin:

»So gehört es sich, daß Du alles erfährst: einerseits das unerschütterliche Herz der wirklich überzeugenden Wahrheit, andererseits die Meinungen der Sterblichen, denen keine wahre Verläßlichkeit innewohnt.
Gleichwohl wirst du auch hinsichtlich dieser Meinungen verstehen lernen, daß das Gemeinte gültig sein muß, insofern es allgemein ist.«

    Parmenides, Über das Sein, Vers 1



    Finanzaggregate, Derivate und Geldmenge
    Beziehungen zwischen Finanzaggregaten und Geldmengen

     

     

    Summe

    Geldmenge

    Geldmenge

    Verhältnis

    Verhältnis

     

    Finanzaggr.

    M1

    M2

    F.aggr./M1

    F.aggr./M2

    1960

    1.280,7

    140,7

    312,4

    9,1

    4,1

    1965

    1.914,9

    167,9

    459,2

    11,4

    4,2

    1970

    2.588,1

    214,4

    626,6

    12,1

    4,1

    1975

    4.017,3

    287,5

    1.017,0

    14,0

    4,0

    1980

    7.248,0

    408,8

    1.601,0

    17,7

    4,5

    1985

    13.405,0

    619,8

    2.497,8

    21,6

    5,4

    1990

    27.103,1

    825,8

    3.282,2

    32,8

    8,3

    1991

    29.918,1

    897,2

    3.383,7

    33,3

    8,8

    1992

    33.333,3

    1.024,4

    3.438,7

    32,5

    9,7

    1993

    39.419,5

    1.128,6

    3.494,0

    34,9

    11,3

    1994

    47.917,2

    1.148,7

    3.509,2

    41,7

    13,7

    1995

    53.689,5

    1.124,9

    3.657,4

    47,7

    14,7

    1996

    61.299,5

    1.100,0

    3.840,0

    55,7

    16,0

    1997

    65.441,5

    1.070,0

    3.930,0

    61,2

    16,7

    (in Mrd. Dollar)

     

     

     

    Geldmenge M1: Bargeldumlauf und Sichteinlagen von Nichtbanken bei Banken
    Geldmenge M2: M1 zuzüglich Sparguthaben und Quasigeld
    Dazu: Längerfristige Einlagen = Termineinlagen unter 4 Jahren Laufzeit)

    Eine Grafik zur Veranschaulichung der oben angeführten Zahlen: Kollaps-Kurve
    Anstieg von Finanzaggregaten und Geldmenge im Verhältnis zur realökonomischen Entwicklung


    Finanzaggregate




    Geldmenge M2


    Gesamtertrag aus realwirtschaftliche m Mehrwert

     

     

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