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35. Jahrgang InternetAusgabe 2001
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BRD 1978
BRD & DDR 1981
10 Jahre
NJR Lüth
Bürger & Partisan
Vorbemerkung

NJR und Paul Lüth

 

Nachruf auf Paul Lüth

 

 Paul Lüth, der die Studien von Zeitfragen (damals noch Organ der Gesellschaft zum Studium von Zeitfragen) 1952 gründete, ist tot. Er starb am 6. August 1986 in Rengshausen-Knüllwald, der kleinen nordhessischen Gemeinde, welche er Jahrzehnte lang als Arzt, als tätiger Bürger und nicht zuletzt als Sozialdemokrat den größten Teil seiner nahezu unerschöpflichen Arbeitskraft gewidmet hatte.

 Denn Paul Lüth war nicht nur Landarzt, ein Doktor zum Anfassen, in seinem Dorf als Beispiel für die von ihm verfochtene „sprechende Medizin“, sondern ein weit über Hessen hinaus wirkender Lehrer, Vordenker und Wissenschaftler, dem vor allem Studenten und junge Ärzte, aber auch Gesundheitsadministrationen zahlreiche Initiativen und Anregungen zu verdanken haben. Als Professor lehrte er an den Hochschulen in Mainz und Kassel Sozialmedizin, war in Fachkommissionen, die seinen Rat und seine Erfahrungen, zumal als Geriatriker, brauchten; er schreibe medizinische Bücher in einer auch für Laien verständlichen Sprache und schlug in seinen tiefschürfenden Überlegungen den Bogen von der ärztlichen Praxis zu Philosophie und Religion.

 Dem Schriftsteller Paul Lüth kam dabei zugute, daß er - aus dem Kriegssanitätsdienst heimgekehrt - natürliche journalistische Begabung direkt nach dem Kriegsende als Herausgeber des Bogen, als Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und im Lektorat des Limes-Verlags nutzen konnte; u. a. brachte er Werke von Alfred Döblin, Gottfried Benn und Ludwig Börne neu heraus.

 Ich wurde schon Anfang der fünfziger Jahre auf Lüth aufmerksam, der sich damals fundiert und sachlich mit neonazistischen Erscheinungen auseinandersetzte; in der Weiterbehandlung dieses Themas durch die Gesellschaft zum Studium von Zeitfragen arbeiteten wir zusammen, bis ich den Verlag aus seinen Händen übernahm. Er verschrieb sich der Medizin; die tiefe Enttäuschung darüber, daß zu jener Zeit sein Engagement für eine neue demokratische Jugendbewegung mißbraucht worden war, hat ihn nicht verbittert, sondern in seine eigentliche Berufung hineingeführt, die ihn dann zu Leistungen befähigte, die viele andere überfordert hätten.

 Paul Lüth war stets ein hilfreicher Kollege, er war mein getreuer Arzt; er hat auch die Entwicklung der Studien positiv-kritisch begleitet. Wir führten manches gute Gespräch.
Alle, die an einer neuen, besseren Gesellschaft arbeiten, leiden nun an dem schweren Verlust; ich verlor einen Freund, einen echten Gefährten.

Nikolaus Ryschkowsky

 

Aus Studien von Zeitfragen (Juli)-August 1986

Bibliographie Paul Lüth